Ich schreibe im unendlichen Strom derer, die die Sprache benutzen. Sie alle teilen sich mit, sie malen ihre innere Welt in Worten, um sie anderen zu offenbaren. Sie umfassen die äußere Welt, gefiltert mit dem Blick ihrer Wahrnehmung, ihrer Geschichte, ihrer Heimat oder ihrer Heimatlosigkeit. Sie nehmen Einsamkeit auf sich und reichen mit ihren Worten die Hand zur Verbundenheit mit anderen. Sie erleben die eigenen Worte als Geschichten, die andere berühren und durch die sie sich selbst berühren und vielleicht sogar schreibend verändern.

Schreiben muss nicht einsam sein, es braucht nicht immer den Elfenbeinturm. Doch wahr ist auch, dass der Prozess der Selbstvergewisserung mit dem Lauschen nach innen einhergeht.

Ich bin nicht allein, wenn ich schreibe.

Ich bin im Herzen verbunden mit den Menschen, die mein Leben begleiten – meine Liebsten, die hinter mir stehen, mich so sein lassen, wie ich bin und mich auch lieben, wenn ich Rückzug brauche, um zu mir und meinem Schreiben zu finden.

Ich bin nicht allein –

Wenn ich schreibe, verstehe ich die Welt, in der ich lebe, besser. Ich begreife mit meinen Worten die komplizierten Beziehungen, die Menschen sich schaffen und habe schon so manchen Knoten gelöst und heillos verschlungene Fäden entwirrt – sei es in Briefen oder in meinem Tagebuch. Insofern ist mein Schreiben auch Beziehungsarbeit. Sie muss nicht vor den Augen der Mitbetroffenen stattfinden. Es hilft allen, wenn Klarheit entsteht, egal, woher sie kommt.

Ich bin nicht allein –

Wenn ich schreibe, erzähle ich meine Geschichten und lege damit Zeugnis ab für mein Dasein als Mensch. Die Sprache ist das, was Menschen miteinander teilen. Worte sind Boten, manchmal sind sie Pfeile, sie können Zärtlichkeit und Liebe sein. Sie gehören allen und das Besondere eines Menschen zeigt sich auch in der Einzigartigkeit seiner Ausdrucksweise, seiner Sprache. Sprache ist Poesie, veredeltes Gefühl. Ist sie authentisch, vermittelt sie Welten, die es in dieser Weise bisher noch nicht gab .

Ich bin nicht allein – auch wenn ich zum Schreiben gerne alleine bin.

In diesen kostbaren Stunden nehme ich Kontakt mit dem Kern meines Wesens auf. Es gibt Zeiten, in denen ich nicht in Beziehung mit mir bin. Ich verliere mich in Grübeleien, in unwichtigen Äußerlichkeiten, jage nach Glück und Zufriedenheit und bemerke dabei nicht, dass meine verkrampfte Faust und meine zusammengebissenen Zähnen den kleinen Vogel der Freude nicht landen lassen. Er sitzt in Reichweite, vor meinen Augen und ich sehe und höre und fühle ihn nicht. Meine Sinne schlafen, weil ich nur im Kopfkino unterwegs bin.

Ich bin nicht allein –

wenn ich schreibe, werden alle meine Sinne wach und lassen mich achtsam werden für das, was gerade jetzt hier in diesem Augenblick da ist – sei es in mir oder an dem Ort an dem ich jetzt bin:

See-Tang
Salz-Grün
Felsen
Stein-Alt
Verstreut im Meer
Kräuselnde Wellen
Gicht-Weiß

Nackte Kinderfüße
streicheln
die Steine,
den weichen Tang,
den Sand.

Im Ozean ist alles geborgen.
Horizonte,
scheinbar begrenzend,
öffnen den Blick –
über allem
das Licht.

(Text: Cora Zöller)